Klein, fein – und doch ein wenig schlicht

Was der Schreiber so liest (28)

Stephen King: Erhebung (2018)

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Stephen King: Erhebung. Heyne 2018

Das hat mich dann doch ein bisschen ratlos gemacht: Komme ich eines Tages zu meiner Buchdealerin, und sie fragt mich mit schelmischem Lächeln, ob ich den neuen King nicht mitnehmen will. Eine steile Falte gräbt sich in meine Stirn. Den „Outsider“ hatte ich erst vor ein paar Wochen gekauft. Da lächelt sie und weist auf ein unscheinbares Bändchen. Eine Verwechslung? In gelben Versalien steht dort der Name des Meisters – auch das Logo des Heyne-Verlages findet sich. Ich nehme das Leichtgewicht in die Hand. Es ist so anders als die Kings, die ich kenne. Zwar ein Hardcover, fehlt ihm aber der Schutzumschlag. Und dann: 144 Seiten, es wiegt fast nichts.
Das hat „Erhebung“ auch mit seinem Protagonisten gemeinsam. Scott Carey, eine stattliche Erscheinung von 1,93 Meter, wird immer leichter, ohne dass sein Körper sich verändert. So weit, so schlecht. Ein befreundeter und pensionierter Arzt, den er ins Vertrauen zieht, weiß keinen Rat – die empfohlene Untersuchung durch Spezialisten lehnt Scott ab, er will nicht in irgendein Räderwerk höherer Mächte geraten. „Klein, fein – und doch ein wenig schlicht“ weiterlesen

Im Rausch der Gewalt

Was der Schreiber so liest (27)

Joyce Carol Oates: Pik Bube (2015)

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Joyce Carol Oates: Pik Bube. Droemer 2018

Im Zeitalter lesbarer Briketts ist es eher ein schmales Bändchen, das Joyce Carol Oates mit dem Psycho-Thriller „Pik Bube“ vorlegt. Darin führt der Protagonist, der berühmte und erfolgreiche Kriminalschriftsteller Andrew Rush (der im Buch von der Kritik als „des Bildungsbürgers Stepen King“ klassifiziert wird) ein nur scheinbar harmloses Doppelleben. Nachts schreibt er unter dem Pseudonym „Pik Bube“ bluttriefende Gewaltfantasien. Nicht einmal seine Familie, geschweige denn sein Verlag oder die Öffentlichkeit wissen, wer sich hinter dem Namen Pik Bube verbirgt. Indes: Pik Bube ergreift mehr und mehr Besitz von Andrew Rush, steuert zunächst nur sein Denken … und das Unheil nimmt seinen Lauf.
Auslöser ist die Klage einer geistesgestörten Frau, die Rush des Plagiats und des Diebstahls bezichtigt. „Im Rausch der Gewalt“ weiterlesen

Hinunter bis in die Hölle

Was der Schreiber so liest (24)

Stephen King: Der Outsider (2018)

Stephen King: Der Outsider. Heyne Verlag München, 2018

Pünktlich im Herbst beschenkt uns der Meister des Grauens. Zwischendurch spuckt er noch ein paar kleinere Spukgeschichten aus, sodass die Fans von Stephen King immer wieder etwas zu lesen haben.
Das 2018er Werk heißt „Der Outsider.“ Stephen King erzählt darin die Geschichte eines schrecklichen Kindsmordes. Augenzeugenberichte und die Spurenlage weisen auf den bislang unbescholtenen Baseballtrainer Terry Maitland. Der indes hat ein einwandfreies Alibi, was sich erst nach seiner Verhaftung zeigt. Mehr noch: Je tiefer die Ermittler um Ralph Anderson graben, umso mehr Ungereimtheiten treten zu Tage. Dumm nur, dass der Verdächtige auf den Stufen des Gerichts vom Bruder des Opfers erschossen wird.
Es ist einer der Schwachpunkte des „Outsiders“, dass der Übergang von einem packenden Thriller in eine übernatürliche Geschichte diesmal nicht fließend geschieht, „Hinunter bis in die Hölle“ weiterlesen

Ist die Welt ohne Männer besser?

Was der Schreiber so liest (14)

Stephen King: Sleeping Beauties (2017)

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Stephen King: Sleeping Beauties
Heyne Verlag 2017

Pünktlich im Herbst – in diesem Jahr sogar pünktlich zu des Meisters 70. Geburtstag – bringt der Heyne-Verlag den jeweils aktuellen Roman von Stephen King auf den Markt. In diesem Jahr waren es die „Sleeping Beauties“. Ein Buch, das erstmals Kings Sohn Owen als Co-Autor benennt. Allein das erweckt schon Neugier.
„Sleeping Beauties“ fesselte mich relativ schnell. Ein außergewöhnliches Setting, nämlich ein Frauengefängnis, sowie die gewohnte Personage einer typischen amerikanischen Kleinstadt im Nirgendwo ließen mich in der Lektüre schnell wohlfühlten. So verschlang ich den fast 960 Seiten starken Wälzer im King-Tempo und stellte fest: „Ist die Welt ohne Männer besser?“ weiterlesen

Ein Koffer voller Notizen

Was der Schreiber so liest (3)

Stephen King: Finderlohn (2015)

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Stephen King: Finderlohn. Heyne Verlag 2015

Rund 2000 Wörter schreibt Stephen King täglich. Ein Pensum, das seinen Fans Jahr für Jahr einen dicken Wälzer beschert und ihm den Ruf eines oberflächlichen Vielschreibers eingebracht hat. Zu Unrecht – wer nachrechnet, stellt fest, dass ihm genügend Zeit für Überarbeitungen bleibt.
In diesem Herbst liegt »Finderlohn« in den Buchläden. Damit knüpft er unmittelbar an »Mr. Mercedes« (2014) an, ohne den Roman fortzuschreiben. Der begnadete Schriftsteller John Rothstein wird von einem psychopathischen Fan ermordet, der vor allem an den Notizbüchern Rothsteins interessiert ist, in denen dieser seine Romantrilogie fortschrieb. Die Bücher versteckte der Mörder gut, aber dann „Ein Koffer voller Notizen“ weiterlesen