Aus Alissa wird Ali wird Anton

Was der Schreiber so liest (17)

Sasha Marianna Salzmann: Außer sich
Schon seit Erscheinen hatte ich „Außer sich“ auf meiner Favoritenliste. Das Buch wurde von der Kritik ausgezeichnet aufgenommen und es landete auf der Short-List für den Deutschen Buchpreis 2017. Zudem mag ich, seit ich sie in einer Folge der „Kulturzeit“ gesehen habe, das Temperament und die Kraft, die von der Salzmann ausgehen. Ich war neugierig auf die Geschichte, die sie zu erzählen hat.
Und schon nach den ersten 30 Seiten war ich mehr verstört als begeistert. Wo bleibt sie nun, die Geschichte, fragte ich mich. Die angeblich so wortgewaltige Sprache, nun ja, wer auf lange und atemlose Sätze steht, die man zwei Mal lesen muss und manchmal dennoch keine Handlung entdeckt … Eine Geschichte erzählt Sasha Marianna Salzmann bis zum Ende nicht, es sind viele Geschichten, die „Aus Alissa wird Ali wird Anton“ weiterlesen

Widerfahrnis auch für den Leser

Was der Schreiber so liest (8)

Bodo Kirchhoff: Widerfahrnis (2016)

Cover_Widerfahrnis
Bodo Kirchhoff: Widerfahrnis. Frankfurter Verlagsanstalt, 2016

Ein Roman ist ein erzählendes Werk mit mehr als 200 Seiten. Das war die einzige Romandefinition, die Kritikerlegende Marcel Reich-Ranicki gelten lassen wollte. Nicht nur unter diesem Maßstab ist er wohl mehr als berechtigt, der eigentlich nur für Romane vorgesehene Deutsche Buchpreis 2016 für Bodo Kirchhoffs neues Werk „Widerfahrnis“. Denn es handelt sich formal genommen um eine Novelle, eine „unerhörte Begebenheit“. Und wie ein Literaturkritiker noch am Montagabend aus jurynahen Kreisen kolportierte, waren es Thomas Melles „Die Welt im Rücken“ und Bodo Kirchhoffs „Widerfahrnis“, um die zuletzt noch gestritten wurde. Ein autobiografisches Werk und eine Novelle. Wie gut, dass es keine Regeln ohne Ausnahme gibt – das hätte auch Reich-Ranicki gut gefallen.
Unerhört ist schon der Titel. „Widerfahrnis auch für den Leser“ weiterlesen