Andere Schriftsteller haben damit offenbar kein Problem. Die Großen tun es mit Souveränität, die Kleinen, weil sie manchmal zu wenig Geduld bei der Suche nach einem Verlag aufbringen. Beim eher elitären Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt ist es sogar Pflicht – das Lesen aus unveröffentlichten Manuskripten.
Ich habe mich bislang davor gescheut. Mir war es lieber, Texte erst dann vorzutragen, wenn sie schon zwischen zwei Buchdeckeln erschienen sind. Oder, wenn sie eigens für die Lesung entstanden sind, wie beispielsweise meine Geschichten für das Kunsthaus der Apolda Avantgarde.
Die diesjährige Manuskriptwanderung des Schriftstellerverbandes in Thüringen lieferte mir den Anlass, es auch einmal auf diesem Wege zu versuchen. Ich rede mir dabei tapfer ein, dass die Lesung so etwas wie ein „Tag der offenen Schreibstube“ wird. Ich lasse die Öffentlichkeit Einblick in meine Werkstatt nehmen.
Am 31. August ab 19 Uhr werde ich im Bürgerhaus „Thüringer Wald“ nebst Bibliothek in Georgenthal aus meinem neuen Roman lesen, der den Arbeitstitel „Zum Beispiel Laurenz“ trägt. In dem Roman geht es um den langjährigen Italien-Korrespondenten einer süddeutschen Tageszeitung, der plötzlich und scheinbar unbegründet von seinem Posten abberufen wird. Ihm stellt sich die Frage, was er eigentlich aus seinem Leben gemacht hat. Auf einer letzten Reise durch Italien begegnet er noch einmal der Liebe – und bricht mit seinem Beruf.
Wie gesagt, es ist ein Einblick in die Werkstatt, erwartet also nicht zu viel. Die Manuskriptstelle, aus der ich lesen will, muss ich mir erst noch heraussuchen. Das hängt auch davon ab, wie viel Zeit mir bleibt, denn ich stehe bzw. sitze nicht allein auf der Bühne. Zur öffentlichen Lesung anlässlich der alljährlichen Manuskriptwanderung des Schriftstellerverbandes lesen ebenfalls Antje Babendererde, Sieglinde Mörtel und Olaf Trunschke.
Lust, uns zu hören? Laut Bibliothek sind noch ein paar Plätze frei.
Die letzte Liebe
Was der Schreiber so liest (20)
Max Frisch: Montauk (1975
Wer aus meiner Generation Max Frisch schon als Kind gelesen hat, der outet sich als westsozialisiert. Dort hat der Schweizer, den ich lange Zeit für einen Dramatiker gehalten habe, längst den Weg in den literarischen Schulkanon gefunden. Ich bin viel später auf den Mann aus dem kleinbürgerlichen Milieu gestoßen, der dann doch so ein abwechslungs- und erfolgreiches Leben führte.
Mit „Montauk“ griff ich mir ein Stück aus dem Spätwerk. Das von dem ich wusste, dass es am meisten autobiografisch eingefärbt ist. Denn genau darum ging es mir: Was geschah wirklich an diesem Wochenende auf Long Island, das Frisch 1974 mit der 32 Jahre jüngeren Alice Locke-Carey verbrachte? „Die letzte Liebe“ weiterlesen